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Baustellenbesichtigung Rathaus Siegburg am 3.11.22

18. November 2022

Die Gäste auf der Baustelle des Siegburger Rathauses begrüßte Barbara Guckelsberger, die langjährige Baudezernentin der Stadt Siegburg, „zur Besichtigung eines Zustandes, in dem das Gebäude in den 1960er Jahren schon einmal war“: Es präsentiert sich aktuell als Rohbau. Der Plan für die laufende Sanierung, der von dem Lübecker Büro ppp Architekten kommt, sieht eine Runderneuerung aufbauend auf dem Stahlbeton-Tragwerk des 1968 eröffneten Rathauses vor. Grundsätzlich ein nicht gerade minimalinvasives Vorgehen, das sich aber dennoch stark an der Gestalt orientiert, die Peter Busmann und Hanspaul Schware in den 1960er Jahren entworfen hatten: Die klare Ablesbarkeit von Verwaltungsflügel und Ratssaal bleibt ebenso erhalten wie die zeittypische Gliederung der Bandfassaden.

Guckelsberger berichtete lebendig von der langen Vorgeschichte der Sanierung: dem seit den 90er Jahren sichtbaren Modernisierungsbedarf, der lange auf relativ eindimensionale Kosten/Nutzen-Rechnungen fokussierten Kommunalpolitik, einer mehrteiligen Machbarkeitsstudie, einem Ratsauschuss und Bürgerwerkstätten – und schließlich im Jahr 2018 dem Ratsbürgerentscheid über Abriss versus Sanierung des 60er-Jahre-Rathauses, bei dem 70% der teilnehmenden Bürger:innen für dessen Erhalt stimmten. Es war ein langes Ringen, aus dem aber anscheinend eine gute Vorbereitung der Sanierung erwachsen ist: Bislang liegt das Projekt innerhalb des vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmens, nicht zuletzt weil ein Großteil des Baumaterials bereits vor Ort verbaut ist und aktuelle Lieferengpässe dadurch weniger greifen.

Ulrich Beste von 5b Bau- und Projektmanagement aus Bonn, die die Bauleitung übernommen haben, hatte die Baustelle schön begehbar gemacht und ausgeleuchtet, sodass trotz früh einsetzender Dunkelheit viele Details entdeckt und diskutiert werden konnten. Die Brüstungsbänder der neuen Fassade werden aus hellen Textilbetonelementen bestehen, deren Eignung man hier gut nachvollziehen konnte: Da die Gebäudehülle jetzt aktuellen Anforderungen entsprechen muss, die Fassade aber an auskragenden Geschossdecken hängt, macht sich das geringe Gewicht dieses Materials positiv bemerkbar. Das Erscheinungsbild ist mit Peter Busmann abgestimmt worden und der inzwischen 89-jährige Urheber des Bestandsgebäudes arbeitet bei vielen solchen Fragen aktiv mit ppp Architekten zusammen. Für die Raumfolge im Inneren waren das verglaste Atrium und die an ihm vorbeigeführte repräsentative Treppe vor dem Ratssaal bestimmende Elemente seines Entwurfes, an dessen ursprüngliche Gestalt man sich so weit wie möglich wieder annähern will.

Das, nun ja, Sahnehäubchen des Umbauprojektes ist ein neues Dach- bzw. Staffelgeschoss: 800m² zusätzliche Fläche wird es hier geben. Die Stahlkonstruktion war bereits wenige Wochen zuvor auf dem Dach des Rohbaus aufgestellt worden. Stephan Marks, Nachfolger von Barbara Guckelsberger als Leiter des Siegburger Planungsamtes, scherzte: „Hier oben ist dann natürlich mein Büro“ – nur um sich gleich zu korrigieren. Ganz im Gegenteil sollen hier keine Chefsessel stehen, vielmehr ist ein nutzungsoffener Bereich vorgesehen, der mit Meetingsräumen und buchbaren Arbeitsplätzen für besondere Bedürfnisse allen Mitarbeitenden offenstehen wird.

Bezeichnend ist leider, dass die zuvor aufwendig geschützten, originalen Treppengeländer im Rathaus nun doch nicht erhalten werden können, weil sie den heutigen Anforderungen an die Festigkeit gegen einen seitlichen Aufprall nicht mehr genügen und durch den Umbau kein Bestandsschutz mehr besteht. Für Ines Knye, die Vorsitzende BDA Bonn-Rhein-Sieg, zeigen solche Probleme, dass es zukünftig einer Umbauordnung bedarf, die bessere Rahmenbedingungen für substanzerhaltende Sanierungen schafft und für die sich der BDA zusammen mit anderen Akteuren einsetzt.

Alexander Kleinschrodt